Samstag, 15. August 2020
Britzer Garten Bundesgartenschau 1985
Vom Halleschen Tor in der Gitschiner Straße 97 auf der Straße stadtauswärts über Neukölln und den Britzer Damm erreicht man irgendwann das Gelände der Bundesgartenschau von 1985 (BUGA 1985), das der Bevölkerung im Süden West-Berlins einen neuen Naherholungsort bieten sollte. Die Stadt Berlin hat das Gelände in einen Park umgewandelt, der stadtnahe sein sollte aber auch in seiner Ausgestaltung einen Hauch von Landluft mit sich bringen sollte.
Über den Park selbst schreibt die Betreiberin, die gemeinnützige privatrechtlich organisierte Grün Berlin GmbH, welche selbst erst seit 1996 in dieser Firmierung besteht und dessen alleiniger Gesellschafter das Land Berlin ist: "Seit seiner Eröffnung im Rahmen der Bundesgartenschau 1985 steht der mehrfach ausgezeichnete Britzer Garten für eine bunte Pflanzenvielfalt, Erholung und eine vielschichtige Verzahnung von Landschaft, Kunst und Architektur".
Wir sind zur Blütenausstellung gekommen, welche die Letzte im Jahr ist und zurzeit stattfindet. Andere haben Familienfeiern (vor allem die heute erfolgte Einschulung für das neue Schuljahr) gefeiert. Die Eingeschulten und deren Mütter und Väter sowie ganze Familien haben auf den weitläufigen Rasen unter schönen ausladenden Bäumen im Schatten den Nachmittag verbracht. Und, wieder andere haben ihren evangelikalen Gottesdienst mit Bongotrommeln und der halben Gemeinde aus Gegenden der Welt, in denen dunkle Hautfarbe überwiegt, unter freien Himmel zelebriert. Und während die einen ihr Hosianna frohlockt haben, gingen verschleierte Mütter mit ihren gerade eingeschulten Töchter vorbei, trugen ihnen die schönsten Zuckertüten, die es in Berlin zur Einschulung für die Kleinen zu kaufen gibt. Wenn das nicht funktionierendes Multikulti ist?!
Diese Bilder haben dann wieder gutgemacht, was die Menschen in der U-Bahn sozusagen in einem zerbrochen haben, die maskenmuffelig und völlig Corona-unkonform ohne oder nur mit halb aufgesetzter Maske durch die Gegend stiefelten und denen die Anderen egal waren.
Berlin! Das ist inzwischen in Teilen wirklich ein Pool von Menschen, die man sich nicht als Anschauungsvorbilder für seine Kinder wünscht. Das ist leider so! Und die Vielzahl, die man als wahrnehmender und empathischer Mitmensch inzwischen bewusst ignorieren muss, damit man selbst keinen psychischen Schaden davonträgt, ist für mich unerträglich geworden. Es ist irgendwie klar, dass Menschen, den es genauso geht, einfache Lösungen suchen und Bauernfängern in die Falle tappen, die diese anbieten. Aber etwas mehr Effizienz bei der Bewältigung des Armuts- und Verelendungsproblems in deutschen Großstädten darf in einem Land schon erwarten, in dem an anderer Stelle Organisation und gemeinschaftliche Ordnung schon einmal in einer Weise funktioniert haben, die in der ganzen Welt Beachtung gefunden hat. Ich frage mich, ob diese Fähigkeiten nicht auch einmal für etwas Gutes einsetzbar sein können. Ich frage mich, ob in einer Stadt, in der so viele Immobilienobjekte als unbenutzte Zweitwohnungen für Millionen von Euro gehalten werden, nicht auch Geld freisetzbar ist, das die Menschen aus prekären Lebensverhältnissen von der Straße, aus den U-Bahn-Tunneln und Bahnhöfen bringt, in ein Ambiente, in dem sie sich wohlfühlen und das menschenwürdig ist.
Oder muss es inzwischen so gehandhabt werden, dass öffentliche Parkanlagen, wie der Britzer Garten, umzäunt und von Sicherheitspersonal bewacht, mit einer Eintrittsgebühr bewehrt vor solchen Menschen "geschützt" werden muss. Müssen wir unsere Wohngebiete und Innenstädte nicht inzwischen genauso bewehren und mit einer Eintrittsgebühr vor Menschen schützen, die die Straße und die öffentlichen Plätze als Schlafplatz, Urinal und Toilette benutzen (müssen), weil keine adäquaten kostenfreien Lösungen zur Verfügung stehen? Kann das wirklich die Lösung sein? Oder sollten wir, wie vor 87 Jahren in Deutschland geschehen, diese Menschen hinter Mauern und Gittern vor der Gesellschaft verstecken?
Das Eine ist so extrem wie das Andere, und beides ist nicht wünschenswert. Es gibt Menschen, die haben heutzutage Arbeit. Sie werden dafür bezahlt, sich Gedanken darüber zu machen, wie Menschen in prekären Lebenssituationen geholfen werden kann, wie allgemeine und spezielle Lösungen aussehen können und wie diese praktisch umzusetzen sind. Es gibt Menschen, die haben Arbeit, nämlich eine solche, bei der diese Konzepte umgesetzt werden und tatkräftig dafür gesorgt wird, dass dergleichen soziale Hilfen angeboten und angenommen werden können. Und es gibt Menschen, die haben Arbeit, nämlich eine solche, bei der dafür Sorge getragen wird, dass die Finanzierung für diese Konzepte stimmt.
Wenn mir von Berlin Mitte bis Britzer Damm 25 bis 30 Personen begegnen, die ganz offensichtlich keine Teilhabe an sozialen Konzepten genießen können, ist mir klar, dass die ganze Hierarchie von Beteiligten im Sozialbetrieb der Stadt Berlin angefangen vom Regierenden Bürgermeister, über den Senator für Soziales und die Beamten in den Sozialstellen der Stadt, bis hin zu den Sozialarbeitern auf der Straße, aber auch die beteiligten Personen in der Legislative und Judikative, Abgeordnete wie Richter, Angestellte wie Justizbeamte, und nicht zuletzt die Beamten der Polizei das Gehalt, das sie bekommen, nicht verdienen! Und die Menschen, die Berliner, die achtlos an diesem Elend vorübergehen und sich bestenfalls über den Gestank in den Unterführungen oder in den Grünanlagen aufregen, anstatt sich aktiv über die Ursachen dieser Verhältnisse bei ihren zuständigen Amtsstellen, ihren zuständigen Stadtverordneten, Bürgermeistern und Abgeordneten zu beschweren, sollten sich zumindest schämen, denn auch ihr Wegsehen hat in Berlin Tradition!
Übrigens auch die Angestellten und Beamten der Dienststelle Berlin des Deutschen Patent- und Markenamtes und des Europäischen Patentamtes sollten sich schämen, dass sie es einfach zulassen, dass in den begrünten Rabatten auf der anderen Seite der Gitschiner Straße Menschen in prekären Lebensverhältnissen leben müssen. Unter den Büschen beziehungsweise unter der Hochbahn fristen diese dort ihr Leben mit allen dazugehörenden Bedürfnissen. Das war mir sofort aufgefallen, als ich das Bild oben gemacht habe.
Aber um eines auch gleich festzustellen: Vertreiben, ohne eine angemessene und vor allem bessere Alternative zu Verfügung zu stellen, ist keine Option!