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Naturgewalten in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz
Das Internet vergisst nie
Mir fällt heute zufällig beim Durchblättern meines Weblogs auf, dass ich einen Artikel über die Grundordnung beziehungsweise die Unordnung geschrieben hatte, welche ich allenthalben wahrzunehmen glaubte. Der Artikel stammte aus vom 18. August 2013.
Ja, und dort hatte ich einen Link gesetzt auf einen WDR-Artikel über die Maßnahmen der Landesregierung Nordrhein-Westfalen in Zusammenhang mit Krisen, Krisenmanagement und Bevölkerungsschutz.
Dort heißt es:
"Damit sich eine (...) Verunsicherung der Bürger bei künftigen Krisen nicht wiederholt, richtet die nordrhein-westfälische Landesregierung anderthalb Jahre nach der Katastrophe von Tschernobyl am 13. Januar 1988 ein sogenanntes Störfallzentrum NRW ein. Es habe den Zweck, so der damalige Umweltminister Klaus Matthiesen (SPD), "schnellstmöglich Informationen über Störfälle zentral zu sammeln und auszuwerten; schnell und umfassend zu reagieren und Gegenmaßnahmen einzuleiten; die Bevölkerung möglichst zeitnah zu informieren und gegebenenfalls zu warnen." Zur Einrichtung gehören eine Smog-Zentrale, Systeme zur Überwachung der Gewässer, der Lebensmittel und der Radioaktivität in der Umwelt sowie zur Waldbrandverhütung."
Nun sind wir 8 Jahre und eine Riesenflutkatastrophe weiter. Und was hat uns das NRW-Landesregierungsprojekt in dieser Krise gebracht, außer Kosten in Höhe von wenigstens 25 Millionen Euro(1)?
Meiner Meinung nach ist das ein typisches Zeichen von "politischer Demenz". Es heißt immer wir müssten aus Fehlern lernen? Das gilt aber allerdings wohl nicht für Politiker und noch weniger für die Landesregierung NRW. Und wie sie sich dann wegducken, wenn etwas schief geht, "obwohl wir alles getan haben, dass die Menschen geschützt sind."
In dem Artikel des WDR geht es dann noch weiter:
"Mit den Jahren werden die Krisen und Gefahren immer komplexer - viel zu komplex für ein einzelnes Ministerium. Deshalb wird das Störfallzentrum um die Jahrtausendwende abgeschafft und durch einen "Krisenstab der Landesregierung" ersetzt. Dieser hat seinen Sitz nun im Landesinnenministerium. Es ist ein funktioneller Raum mit schwarzen Stühlen und hellen Tischen, auf denen zahlreiche Computer-Bildschirme bereitstehen. Tritt eine Krise ein, verlassen die Mitarbeiter "ihren normalen Schreibtisch, gehen in den Krisenstabsraum, schließen dort ihren PC an und beginnen dann über die spezielle Stabs-Software sich in die Lage einzufinden", sagt (...) stellvertretender Abteilungsleiter Gefahrenabwehr und Bevölkerungsschutz im NRW-Innenministerium.
Die Liste der sogenannten "Lagen" ist lang: Chemieunfall, Orkan Kyrill, Pandemie, Bombenentschärfung, Terrorwarnung, Rhein-Hochwasser. Auch nukleare Gefahren gehören weiterhin dazu. Fukushima ist zwar sechs Mal so weit entfernt wie Tschernobyl. Aber dennoch ist im Frühjahr 2011 nach der japanischen Reaktorkatastrophe der Krisenstab in Düsseldorf einberufen worden. Für die Kommunikation mit der Bevölkerung sind mittlerweile Anrufbeantworter und Faxgeräte durch Internet, Facebook und Twitter abgelöst worden."
Politische Demenz ist die Folge von wirtschaftsliberaler Sparsamkeit
Aha!?! Zur Erinnerung: Es wird immer noch von über 230 Toten, davon mindestens 189 in Deutschland (Stand: 22. Juli 2021) und vorläufig mindestens 5,0 - 5,5 * 109 € Versicherungsschaden gesprochen. Und wo war da der KRISENSTAB im NRW-Innenministerium? Vermutlich haben sie gerade ihren Schreibtisch verlassen und den Krisenstabsraum nicht gefunden. Oder er war einfach nur abgeschlossen. Möglicherweise irren noch immer Mitglieder des NRW-Krisenstabs orientierungslos durch die Flure des NRW-Innenministeriums. Vielleicht war er, der NRW-Krisenstab oder sein Raum mit den schönen Computer-Anschlüssen und Millennium-Krisen-Software, aber auch nur weggespart?! 25 Millionen Euro? Aber wen wundert's, wenn die NRW-Landesregierung damals 21 Monate brauchte, um auf die Katastrophe von Tschernobyl mit Einrichtung eines Krisenstabs zu reagieren.
"Weg", ist das Ziel
Nun denn, das ist eine weites Feld.... ! Aber ein NRW-Krisenstab, wenn man das so sagen darf, hat sich wohl nie zusammengefunden. Möglicherweise hat es ihn aber auch nur überhaupt nie gegeben. Und vielleicht waren die Äußerungen von Umwelt- und Innenministern gegenüber dem WDR auch nur Schall und Rauch. Heute würde man sagen: Fake-News!!!
Nur die 25 Millionen Euro von damals sind weg. Auch das ist eine Form von Landespolitik:
Wegrationalisiert! Weggespart! Weggeschaut! und nun: Weggedruckt?! und vor allem: Geld weg! Ganz einfach: "Weg" ist das Ziel?
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Starkregenereignisse und Flutkatastrophen im Kölner Umland
Als ich vor 28 Jahren nach Köln zog, habe ich mich gewundert, dass hier jedes kleine Städtchen, Dörfchen oder Fleckchen ein Gewerbegebiet ausweisen darf. Meine Besuche in Süddeutschland waren seither immer Balsam für meine Seele. Raus aus der zubetonierten Zivilisationswüste, zurück ins Grüne. Und besonders aufgefallen waren mir dabei die Gebiete um Euskirchen und Erftstadt, aber genauso auch den Rhein hoch Neuss, Düsseldorf, Krefeld, Duisburg. Zugepflastert! Wohngebiet an Gewerbegebiet an Wohngebiet an Gewerbegebiet....
"Das ist das Metropolenzentrum Rhein-Ruhr", hat man mir gesagt. Und ein Kollege fragte mich sogar, warum ich hierherzöge. Diese Gegend sei so attraktiv wie ein Supermarktparkplatz. Damals habe ich es nicht so wahrgenommen und fand immer Nischen. Die Eifel vor der Tür, die Naherholungsgebiete am Rhein gleich daneben. Ich habe mich daran gewöhnt, dass es in die "grüne Hölle" ging, wenn ich nach Süddeutschland fuhr. Aber das hier wurde mein neues Normal, so wie das hier auch meine Heimat wurde.
Jedoch ich merkte Veränderungen, denn es blieb nicht wie es war und um das Grün vor der Tür mit dem Fahrrad zu erreichten, brauchte ich immer länger, bis ich zum Schluss die S-Bahn nahm, um mit Rad und Rucksack ins Grüne zu kommen. Denn der Strukturwandel war im vollen Gange. Und der Strukturwandel nahm keine Rücksicht auf mein Bedürfnis nach Grün. Man hatte die Steinkohleförderung aus Rentabilitätsgründen aufgegeben und wollte den Menschen Alternativen bieten. Und diese Alternativen waren nun nicht wie Steinkohle in mehreren Stockwerken, stollenweise, untereinander und tief in der Erde geschichtet, sondern weitgehend eingeschossig über Hügel und Ebenen der Städteregion Aachen, der Zülpicher Jülicher Börde und am Rhein und an der Ruhr entlang ausgebreitet. 100-Hektar-weise wurden Gewerbeparks, wie sie schönend genannt wurden, ausgewiesen und eine Gemeinde hat sich mit anderen Gemeinden an den von ihr zur Verfügung gestellten Gewerbeflächen gemessen, nicht an der Qualität der gewerblichen Ansiedelungen.
Ich hatte schon früher über lokale Starkregenereignisse in diesem Sommer berichtet, die ich unmittelbar in Köln erlebt hatte. Nun ist es im Kölner Umland passiert. Und es waren Starkregenereignisse, die länger als nur ein paar Stunden andauerten. Sie betreffen die Eifel, das Bergische und angrenzende Gebiete. Das Tiefdruckgebiet "Bernd" verursachte Fluten, die man in Deutschland und vor allem in den betroffenen Gebieten nicht für möglich gehalten hatte. Im Ergebnis sind wirtschaftliche Existenzen einfach weggespült worden. Zurzeit wird von über 170 Toten (Stand: 22. Juli 2021) und vorläufig etwa 5,0 - 5,5 * 109 € Versicherungsschaden gesprochen. Und die Suche nach den Schuldigen ist keine sechs Tage danach in Journaille, Politik und Gesellschaft voll entbrannt. Es werden Klimawandel, Flächenversiegelung, Besiedelung von Rückhalteflächen und eine unzureichende Warninfrastruktur angeführt. Und wie bei jeder Katastrophe, die in diesem Fall hier innerhalb von 48 Stunden wie aus dem Nichts über die Menschen hereingebrochen ist, sind es mehrere Faktoren, die im Ergebnis zu diesem verheerenden Ausmaß führten.
Es ist ganz egal, wer regiert oder gewählt werden möchte. Wer von den demokratischen Parteien heute behauptet, in den letzten dreißig Jahren eine Politik ausgeführt oder unterstützt zu haben, welche die Umwelt ausreichend geschützt hätte, der lügt ganz einfach. Ich will gar nicht von den Parteien sprechen, die wegen ihres Glaubens an die Märkte oder ihrer Unterstützung russischer Autokraten jeden Umweltschutz ablehnen und auf die alten fossilen Energieträger, insbesondere aus russischen Quellen setzen. Nein! Es gibt im Moment, und da gebe ich den Gretas und Freitagsdemonstranten Recht, keine Partei in Deutschland, die nicht in den letzten dreißig bis fünfzig Jahren Regierungsverantwortung gehabt hatte, und mit unterschiedlichen Rechtfertigungen dem Raubbau an der Umwelt Vorschub geleistet hätte, mit den Konsequenzen, die wir vergangene Woche an Ahr, Erft, Swist und Rur (Eifel) gesehen haben.
Mir fallen in Bezug auf die aktuelle Hochwasserkrise einige Maßnahmen ein, die Seitens der zuständigen Administrationen (Executive) und Politik zu verantworten sind. Das sind von großen Entscheidungen (z.B. Emissionshandel statt Emissionsvermeidung, Kyoto-Vertrag Bundesregierung Kohl V, Umweltministerin Merkel, Umsetzung Reg. Schröder, SPD / Fischer, Die Grünen; GARZWEILER II Beschluss/ NRWReg. RAU IV und V mit der Umsetzung unter NRW Umweltministerin Höhn, Die Grünen) bis hin zu kleinen Maßnahmen, die mal in der "Aktuellen Stunde" im WDR Erwähnung finden, dann aber journalistisch nicht weiter verfolgt wurden (Abholzung der NRW-eigenen Hochwälder in Naturschutzgebieten der Eifel /Beschluss NRWReg. Kraft II, SPD / Löhrmann, Die Grünen) oder wegen der nur lokalen Auswirkungen keiner kritischen journalistischen Überprüfung unterzogen worden sind (Beschlüsse der Gemeinden und Kreise zur Ausweisung von Gewerbeflächen an der Ahr, Erft, Swist und Rur; diese Kommunen wurden seither überwiegend CDU, aber auch SPD geführt).
Trotz der Warnungen, die schon seit den 1970ern von Wissenschaftlern, Naturschützern und Naturschutzorganisationen vorgebracht worden sind, hat weder Verwaltung noch Politik einen Wimpernschlag für die Natur aufgeboten, wenn es um Wirtschaftsförderung ging. Das Motto von Politik und Verwaltung ist und war, dass alles, was keinen Umsatz bringt, nicht wahrgenommen werden muss. Und dazu gehört nun mal die Natur, aber auch umweltneutrale Verkehrsmittel, wie beispielsweise das Fahrrad. Letzteres wird seitens Administration und Politik erst wahrgenommen, seitdem die Kommunen mit hohen finanziellen Belastungen wegen innerstädtischen Luftverschmutzungen, beispielsweise durch Verkehrssperrungen von Innenstädten, rechnen mussten.
Mir war es gleich suspekt, als die Politiker und Verwaltungsmitarbeitende ganz schnell den Klimawandel bereitwillig als "einzigen" Grund für die Starkregen-Katastrophe 07/21 benannt haben. Ich meine, sie versuchen damit den Fokus von sich selbst abzulenken auf eine "höhere Macht", den Klimawandel. Ich meine jedoch, dass wir zu dem Ergebnis kommen werden, dass das Tief "Bernd" ganz normal wasserreiche Luftmassen aus dem Mittelmeerraum aufgenommen hat und diese in Richtung Norden transportiert hat, diese aber nicht über dem Oderbruch und der Elbe abgeworfen hat wie 2002, sondern weiter nach Norden und dann nach Westen transportiert hat. Der "Klimawandel" hat dann falls überhaupt die Bewegung von Tief "Bernd" über dem Westen Deutschlands und dem Osten Belgiens verlangsamt, so dass regionale Politikmaßnahmen der Landesregierung, der Regierungsbezirke, der Land- und Stadtkreise und der Kommunen, wie beispielsweise das Abholzen von Hochwäldern der Eifel und die Flächenversiegelung in höher gelegenen Teilen sowie in den Tälern der Kommunen bis hin an die Wasserläufe zum schnellen Abfließen des Regens geführt haben. Dann hat noch das individuelle Bauen in ufernahen Zonen an Bächen und Flüssen bis hin zu den Wasserläufen maßgeblich zum Ausmaß dieser Katastrophe beigetragen, und erst die verheerenden Auswirkungen auf das Eigentum und das Leben der Anwohner ermöglicht.
Nein! Ich wünsche mir nicht ein Zurück zu einer vermeintlichen Normalität. Die werden wir ebenso wenig wie die Opfer der Fluten jemals wieder bekommen. Diese vermeintliche Normalität stellt sich nicht mehr ein. Was die Politiker und Verantwortlichen in der Verwaltung mit Normalität meinen, ist die gehabte Priorisierung der Wirtschaft und des technischen und industriellen Fortschritts ohne Rücksicht auf Verluste, insbesondere wenn diese Verluste nicht bei uns zu Buche schlagen. Nein, wir dürfen nicht zurück in diese alte überholte Normalität, sondern wir müssen nach vorne in eine neue Normalität und dort eine Zukunft gestalten, in der unser Leben lebenswert und unsere Umwelt erlebenswert wird.
Wir brauchen endlich ein neues Verständnis von Wirtschaft und Umwelt, sowie deren Beziehung zueinander. Wir brauchen wieder vorausschauende Menschen in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, die sich nicht am kurzfristigen Gelingen einzelner von ihnen beschlossenen bzw. entschiedenen Maßnahmen orientieren, sondern die die Folgen ihrer Entscheidungen auch über Generationen hinweg vernünftig abschätzen und bei ihrem Handeln endlich die höchste Priorität zuvorderst der Gesundheit, der Natur und der Umwelt zubilligen. Wir müssen die ökoinnovationsfeindlichen Netzwerke in Wirtschaft, Politik und Verwaltung ausschalten und deren Protagonisten aus Führungs- und Lobbyingkader verbannen.
Und ich denke, jeder ist in dieser neuen Normalität gefordert, im Großen wie im Kleinen. Warum sollten denn e-Scooter, Auto, Bus oder Bahn genommen werden, wenn der Weg mit ein wenig mehr Aufwand und in fast derselben Zeit umweltneutral mit dem Fahrrad erledigt werden kann? Warum braucht es Plastiktüten am Obst- und Gemüsestand, wenn die Lebensmittel einfach offen, in einem Korb oder Baumwollsack getragen werden können? Warum braucht es To-Go-Produkte, deren Verpackungen dann die Natur zupflastern? Warum dürfen von Gewerbe und Industrie Schadstoffe überhaupt in Wasser und Luft emittiert oder in der Erde vergraben werden? Warum werden die Emittenten nicht schon längst in entsprechender Weise an der Neutralisierung der Schadstoffe und an der Beseitigung entstandener Schäden beteiligt?
Warum wird die Einfuhr von Produkten, bei deren Herstellung Gesundheit, Umwelt und Natur bewahrende Standards nicht eingehalten wurden, nicht mit entsprechenden Abgaben belegt? Dies würde beispielsweise den Wettbewerb gegenüber unter hiesigen Standards produzierten Produkten wiederherstellen.
Genau diese Fragen sind schon vor 50 Jahren gedacht worden und haben zur Gründung der Partei Die Grünen geführt. Und genau diese Fragen wurden Schritt für Schritt, Koalition für Koalition mehr und mehr aus dem grünen Programmen verdrängt, um sich den anderen wirtschaftsfreundlichen Parteien anzunähern, sich dem zögerlichen Wähler als wählbare Partei oder zaudernden Politikern als annehmbaren Koalitionspartner zu gerieren. Heute müssen wir feststellen, dass all diese Abweichungen von ihren ursprünglichen 70er-Jahre-Positionen falsch waren und umgekehrt, die damals etablierten Parteien richtigerweise die radikalen Positionen der Grünen hätten übernehmen müssen. Denn all diese Fragen poppen jetzt wieder auf und werden es immer wieder tun, mit teuren Konsequenzen und mit der Regelmäßigkeit zukünftiger Katastrophen, die uns an Vergehen der Vergangenheit gegen Gesundheit, Natur und Umwelt erinnern werden. Wen wundert's?
"Der Alte würfelt nicht!" (Albert Einstein)